Ich bin Diplom Sozialpädagogin Iris Geiger und arbeite seit 6 ½ Jahren im Autismus-Therapie-Zentrum (ATZ) in Paderborn. Im November 2013 kam Alva vom Margaretenhof in unser Leben, und damals war es schon mein Wunsch und mein Traum, sie in die Therapie mit den Menschen mit Autismus einzubinden. Da wir sie aber nicht aus dieser Motivation heraus angeschafft hatten, ließ ich mir und ihr erst einmal Zeit, um heraus zu finden, ob das die richtige Aufgabe für sie sein könnte. Also nahm ich Alva immer mal wieder mit ins Büro, damit sie die Umgebung und die Kollegen kennenlernen konnte. Die Kollegen interessierten Alva von Beginn an gar nicht, sie fand es toll, den Tag mit mir zu verbringen, auch wenn sie während meiner Therapiezeiten im Büro auf mich wartete. Trotzdem hatte sie immer wieder kurze Kontakte mit meinen Klienten und mit denen der Kollegen. Sofort fiel mir sehr positiv auf, dass Alva die Klienten unterschiedlichen Alters und unterschiedlich starker Beeinträchtigung nicht bestürmte, sondern sehr genau auf deren Reaktion achtete und ihr Verhalten darauf abstimmte. Sehr vorsichtigen Kindern nährte sie sich langsam, blieb immer wieder mit Abstand stehen, um zu schnüffeln und dann den nächsten Schritt vor oder je nach Signal des Gegenübers wieder zurück zu gehen.
Als Alva ca. 3 Jahre alt war und die größten Flausen im Kopf vorbei waren, hatte ich mit ihr zwei Schlüsselerlebnisse, die mich darin bestärkten sie zukünftig in die Arbeit einzubinden. Menschen mit Autismus fehlt u.a. die Fähigkeit sich in andere Menschen hineinzuversetzen und sie machen sich keine Gedanken darüber wie es anderen geht, was sie fühlen oder welche Bedürfnisse sie haben („Theory-of-Mind“ - Defizit).
So auch mein damals 8-jähriger Klient mit Asperger-Autismus, bei dem dieses „Theory-of-Mind“ - Defizit in ganz ausgeprägter Form vorlag. Bei seinem ersten Treffen mit Alva gingen beide aufeinander zu, als würden sie sich schon lange kennen und der Klient begann, während er Alva streichelte, viele Fragen zu stellen, die mich in ihrem Inhalt „umhauten“: Wie alt ist Alva? Seit wann hast du sie? Was mag sie nicht? Mag sie den Staubsauger nicht, weil er laute Geräusche macht? Was macht Alva, wenn sie nicht mehr gestreichelt werden will? Wann werden Hunde „aggro“? Werden sie „aggro“, wenn man sie tritt und schlägt? Werden sie aggro, wenn man sie ohne Trinken und Essen alleine lässt? Alva hat eine schwarze Zunge! Sie sieht aus wie ein Wolf! Ich finde Alva sieht ganz schön aus! Ich fände es gut, wenn Mama Alva auch kennenlernen würde!
Ich war sehr beeindruckt, was Alva an Empathie hervor lockte.
Nach diesem Schlüsselerlebnissen erkundigte ich mich nach Möglichkeiten zur Ausbildung zum „Therapiebegleithundeteam“ und wurde in Steinfurt bei der SATTT (Steinfurter Akademie für Tiergestützte Therapie) fündig. Hier absolvierten wir die Ausbildung zum Therapiebegleithundeteam. Alva fand die Praxis Seminare und die praktische Prüfung sinnlos, vor allem weil letztere am Seminarort und nicht am Einsatzort stattfand und war nur mäßig engagiert. Trotzdem haben wir viel über Hundeverhalten und Wirksamkeit der Tiergestützten Therapie gelernt.
Seit 2 Jahren arbeitet Alva jetzt offiziell mit mir im Therapiebegleithundeteam im Autismus Therapie Zentrum. Sie kommt nicht bei jedem Klienten zum Einsatz, das wäre auch zu viel, aber es gibt einige Klienten die regelmäßig mit ihr arbeiten oder bei denen sie in den Sitzungen dabei ist. Ihr Einsatz reicht von anwesend sein und dabei die Atmosphäre angenehm gestalten über Sinngeber sein (Gesprächsinhalte, etwas FÜR jemanden tun, etc.) bis zur Bewältigung von Bewegungsparcours oder Suchspielen.
Wissenschaftliche Studien (Beetz et al 2012) haben ergeben, dass es bei der Tiergestützten Therapie verschiedene positive Wirkungsweisen auf den Menschen gibt. Hier ist vor allem Andrea Beetz in der Forschung tätig. Diese Wirkungsweisen sind unter anderem:
Soziale Interaktion:
Förderung der Empathie, Stimulation von Sozialverhalten, Reduzierung von Aggressionen, Verstärkung positiver sozialer Aufmerksamkeit, etc.
Anti-Stress Effekte:
Hemmung der Cortisol Ausschüttung, Senkung der Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, etc.
Wirkung auf Angst und Schmerz:
Verminderung von Angst, Steigerung von Gelassenheit und Sicherheit, ec.
Effekte auf Lernverhalten und Lernvermögen:
Steigerung der Aufmerksamkeit, Förderung der Konzentration, Verbesserung der Merkfähigkeit, Förderung angenehmer Lernatmosphäre.
Seit November 2018 lebt Alvas Nichte Céilí vom Margaretenhof bei uns. Sie ist bereits jetzt schon ein kleiner Co-Therapeut und geht gerne mit ins Büro, um die unterschiedlichen Menschen dort kennenzulernen und sich an sie zu gewöhnen. Im Gegensatz zu Alva findet sie die Gruppentherapie sehr spannend und wenn sie genug gestreichelt wurde, dann legt sie sich in die Ecke und schläft….
Dies war ein kleiner Einblick in unsere Arbeit mit Menschen mit Autismus. Und wer behauptet, Eurasier taugen nicht zum Therapiebegleithund, der hat das noch nicht erlebt…
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